„3D-Druck: Revolution für das Handwerk?“ So lautete die Überschrift eines Artikels in der Deutschen Handwerks Zeitung vom 1. August 2014. Nicht nur Wirtschaftsanalysten prognostizieren dem 3D-Druck gute Chancen in den nächsten 10 Jahren zu einer unersetzbaren Branche innerhalb des Wirtschaftsgeschehens zu werden, sondern auch die mittelständische Wirtschaft sieht dieses Herstellungsverfahren mittlerweile als Chance für das Handwerk. Aber welche Branchen könnten besonders vom 3D-Druck profitieren? Wir haben uns einmal drei potentielle Handwerksberufe herausgesucht, die unserer Auffassung nach zukünftig vom 3D-Druckverfahren besonders profitieren könnten: der Installateur, das KFZ-Handwerk sowie das Uhrmacherhandwerk.
Der Sanitär-und Heizungsinstallateur, auch umgangssprachlich gerne als Klempner bezeichnet, kommt mir sofort als Nutznießer des 3D-Drucks in den Sinn. Schon Reinhard May besang 1974 bereits seine persönlichen Erfahrungen mit dem Klempnerhandwerk. Wer kennt es nicht, wenn der Herr im Blaumann zu unrühmlichen Zeiten an der Tür klingelt, um festzustellen, dass das Wasserrohr verstopft ist, was man sich natürlich überhaupt nicht erklären kann, obwohl man genau weiß, was in den vergangen Jahren den Abfluss heruntergespült wurde. Natürlich versucht der Handwerker diesen Schaden schnellst möglich zu beheben, da er aber kein exakt passendes Ersatzteil mit sich führt, „kann es sein, dass dann der Rücklaufkrümmer tropft“ oder man mit einem abgeschraubten Abflussrohr ein paar Tage ohne funktionierendes Waschbecken ausharren muss. Mein Lieblingssatz ist „ich bin gleich zurück“ und schon verschwindet der Klempner aus der Tür und wart für längere Zeit nicht mehr gesehen. Wie wäre es aber, wenn er genau in dieser Zeit in seinem Fahrzeug ein passendes Ersatzteil aus dem 3D Drucker herstellen könnte. Eines, das passt, das nicht tropft und eine perfekte Einzelanfertigung darstellt. Gerade für den Berliner Altbaubestand, bei dem viele Sanitär- und Heizungsapparate noch aus einer technisch ‚vorrevolutionären’ Zeit stammen, könnte der 3D-Druck eine große Chance bieten, da er sowohl für den Handwerker als auch den Kunden mehr Service, eine bessere Qualität und ein Zeitersparnis mitbringen könnte. Die Zeiten, in den man tagelang vor aufgestemmten Wänden, nicht funktionierenden Waschbecken oder kostenaufwändigen Erneuerungen, aufgrund fehlender oder nicht passender Ersatzteile, steht, wären ein für alle Mal vorbei.
3D-Druck in der KFZ-Werkstatt
Letzte Woche musste ich mit Entsetzen feststellen, dass ein großer deutscher Autohersteller, aufgrund energietechnischer Gründe, so die Antwort auf meine Nachfrage, mittlerweile darauf verzichtet, Ersatzräder serienmäßig mitzuliefern. Nicht länger kann man nun den Reifen selbst wechseln, sondern nach langem Warten auf den Abschleppdienst landet man in der Autowerkstatt, die einem mitteilt, dass der Reifen erst bestellt werden muss und man doch bitte in den nächsten Tagen wiederkommen soll, um das reparierte Auto entgegenzunehmen.
Auch hier sehe ich eine große Chance für den 3D-Druck. Schon seit längerer Zeit beschäftigen sich diverse Hersteller von Autoreifen mit der Entwicklung von Reifen, die ohne Luft funktionieren, d.h. nicht mehr aufgepumpt werden müssen. Plattfüße bzw. geplatzte Reifen würden in diesem Fall der Vergangenheit angehören, so dass Autoreifen ohne Luft nach Meinung vieler Experten eine echte Revolution im Bereich des Reifenmarktes sein könnten. Auch diese könnten aus dem 3D-Drucker in der Werkstatt kommen, so dass ein langes Warten auf die Fertigstellung der Reparatur überflüssig werden würde. Gerade für den Oldtimer resp. Classic Car und Youngtimer Bereich könnte der 3D-Druck eine wahre Revolution bedeuten. Jeder Automobilliebhaber kennt die sehr zähe und langwierige Suche nach Ersatzteilen für amerikanische Straßenkreuzer oder deutsche Designwunder aus den 1950er -1970er Jahren. Hat man endlich ein hoffentlich passendes Ersatzteil zu einem einigermaßen bezahlbaren Preis gefunden, bleibt einem oftmals der Gang zum Zoll nicht erspart, da viele Teile aus Übersee importiert werden müssen. Auch dieses Problem könnte der 3D-Drucker lösen, indem er Muffen, marode Benzinleitungen oder abgenutzte Zahnräder schnell und effizient ausdruckt. Des Weiteren stellt der 3D-Druck mehr eine Chance als eine Gefahr für das KFZ-Handwerk dar, denn durch den 3D-Druck könnten sich hier Wartezeiten und Lieferkosten für Ersatzteile reduzieren und im gleichen Atemzug der Kundenservice verbessern.
Mittlerweile können 3D-Drucker bis zu 100 verschiedene Ausgangsmaterialien verdrucken, wobei die gängigsten Materialien weiterhin noch Kunststoff – und Metallpulver sind. Aber auch Kupfer, Eisen, Titan, Sand, Keramik, Gips und sogar Holzverbindungen sind möglich zu drucken. Insofern erstaunt es nicht, dass in der als sehr innovativ geltenden Autoindustrie bereits erste 3D-gedruckte Teile in der Formel 1 Anwendung finden. Jedoch darf im Bereich des traditionellen KFZ-Handwerks nicht die Zulassung der hergestellten Teile durch den TÜV vergessen werden, der mit Sicherheit ein ganz besonderes Augenmerk auf die neue Technologie, die zukünftig serienmäßig in Autos verbaut werden könnte, haben wird.
Nichtsdestotrotz ist momentan das 3D-Druckverfahren für den Maschinenbau noch zu langsam und unpräzise. Aber sollte sich diese Technologie weiterhin so schnell entwickeln, könnte es in den kommenden Jahren Realität werden, dass traditionelle Teile aus dem Maschinenbau mit dem 3D-Drucker einfach reproduziert werden könten. Trinckle 3D hat mittlerweile bereits erste Prototypen für Zahnräder ausgedruckt, die zwar nicht in Autos sondern in alten Wäschemangeln Verwendung finden sollen, aber wer weiß, ob nicht bald diese Zahnräder auch Classic Cars ‚wieder zum Laufen bringen’ könnten. Ferner lässt sich durchaus vorstellen, ob es nicht zukünftig ganze Mangeltrommeln, Auspuffanlagen oder Motorenblöcke sind, die durch einen 3D-Druckservice produziert werden könnten.
Uhrmacherhandwerk
Das Handwerk des Uhrmachers ist seit je her als ‚Präzisionshandwerk’ bekannt. Mit kleinsten Ersatzteilen und viel Geduld versucht der Uhrmacher Uhren jeglicher Größe und Art wieder Leben einzuhauchen. Vielen erscheint dieses Handwerk in einer Zeit, in der die meisten nicht einmal mehr über eine Armbanduhr verfügen, sondern das Mobiltelefon als Zeitanzeiger verwenden, wahrscheinlich eher antiquiert. Dennoch hat die Armbanduhr als Statussymbol bei weitem nicht ihr Ansehen eingebüßt. Folglich hat das Handwerk des Uhrmachers nicht seine Daseinsberechtigung verloren, wie man fälschlicherweise annehmen könnte. Armbanduhren bekannter Marken, wie Rolex, IWC oder Glashütte können je nach Präzisionsuhrwerk und Stückzahl schnell in Sammlerkreisen einen Wert im sechsstelligen Bereich erreichen. Ähnlich wie eben im Bereich des KFZ-Handwerks beschrieben, hat auch das Uhrmacherhandwerk häufig mit Ersatzteilengpässen zu kämpfen. Gerade spezielle Schrauben oder Federn für Mechaniken aus vergangen Zeiten, lassen sich nicht mehr so einfach adhoc besorgen. Manchmal bedarf es auch Spezialwerkzeug, das der Uhrmacher für die Reparatur spezieller Anfertigung benötigt. Diese Spezialwerkzeuge wurden schon einmal bei einem Berliner 3D-Druckservice in Auftrag gegeben. In ein paar Jahren könnte es durchaus rentabel sein, auch Uhrwerke für große Turmuhren zu drucken, anstatt sie nach langer Ersatzteilsuche mühevoll zu reparieren. Diese neue Technologie könnte dem Uhrmacher sein Handwerk stark vereinfachen. Neben dem Zeitersparnis, das sich aus der Verwendung des 3D- Drucks ergibt, kann er ebenfalls seinen Service rentabler anbieten. Antike Uhren, die aufgrund fehlender Ersatzteile als nicht mehr wiederherzustellen galten, könnten nun mit Hilfe des 3D-Druckverfahrens wieder zum Laufen gebracht werden. Bei der Verwendung des 3D-Druckss ergeben sich mehrere Möglichkeiten für den Uhrmacher: entweder er sendet seine Fertigungswünsche an einen auf Prototypen und Einzelanfertigungen spezialisierten 3D-Druckservice, der ihm nach einer festen Produktionszeit, die gewünschten Ersatzteile in entsprechender Qualität liefert. Oder falls er nur einfache Komponenten ausdrucken möchte, wie beispielsweise Halterungsvorrichtungen, kann er dies mit einem eigenen Drucker direkt vor Ort in seiner Werkstatt tun.
Auch hier können wir gespannt sein, wie der 3D-Druck diese Handwerkssparte beeinflussen wird.
Ausblick: Stellte die Einzelanfertigung, wie oben gerade im Bereich des Uhrmacherhandwerks angeführt, bisher noch ein Privileg resp. eine Frage der Brieftasche dar, so kann mit Hilfe des 3D-Drucks bereits heute ein Unikat erschwinglich für jedermann sein. In nicht zu ferner Zukunft könnten 3D-Drucker in jedem Handwerksbetrieb und vielleicht sogar in vielen Haushalten stehen und diverse Produkte individualisiert herstellen. Jedoch bedarf es auch weiterhin eines gewissen Know-hows im Bereich der Herstellung einer 3D-druckbaren Datei. Hier könnte beispielsweise ein ‚Customizer’ Abhilfe schaffen, der es z.B. dem Klempner, KFZ Mechaniker oder Uhrmacher ermöglicht, selbständig durch die Eingabe der individuellen Parameter das entsprechende Produkt auszudrucken. Definitiv hat der 3D-Druck eine sehr interessante und vielversprechende Zukunft im mittelständischen Handwerksbereich vor sich, wie schnell er sich durchsetzten wird und wie großflächig, wird die Zukunft zeigen.
Wir freuen uns, über Anregungen und Feedback zu diesem Thema und werden uns in unserem nächsten Blogbeitrag dem digitalen Glasdruck widmen, der so die Welt in ihrem Artikel vom 1.7.2014 wohlmöglich das mittelständische Handwerk in Italien im Allgemeinen und auf der Insel Murano im speziellen retten könnte.
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